Über das Projekt
Vier Jahre Wohnen, Arbeiten, Leben, Genießen in Südholland hat mich geprägt – in vielerlei Hinsicht – und wir haben die Holländer und ihre Lebensart und Kultur lieben gelernt. Das Fiets, wie das Fahrrad genannt wird, gehört für sehr viele Menschen ganz elementar zum täglichen Leben. Zum Hochpunkt der Corona-Krise im Winter 2020/2021 war im Shutdown alles ‘runter gefahren, nur Geschäfte des täglichen Bedarfs durften öffnen: Lebensmittelmärkte, Drogerien, Apotheken – und natürlich der Fietsenwinkel, die Fahrradwerkstatt, die das Leben in den niederländischen Städten am Rollen hielt.

Als jemand, der die unkomplizierte und ressourcenschonende Fortbewegung per Fahrrad liebt, bin ich in Holland sozusagen in meinem natürlichen Habitat angekommen. Da war es nur noch ein kleiner und unumgänglicher Schritt, meine Gleitschirmausrüstung auf dem Fahrrad mitzunehmen. 45 Minuten dauerte die Fahrt von unserem zu Hause durch die wunderschöne Dünenlandschaft bis zu dem Küstenabschnitt im Norden Den Haags, der für uns Gleitschirmflieger zugängliche Dünen mit ausreichender Neigung und Höhe bereit hält.

Die Lehre aus diesen Fahrradausflügen war, dass meine Standard-Gleitschirmausrüstung völlig problemlos auf einem ganz normalen Fahrrad mit transportiert werden kann. Und dabei hatte ich die ca. 13 kg schwere Ausrüstung in einem einfachen Packsack auf dem Rücken!

Um wieviel angenehmer wäre das, wenn man die Ausrüstung einfach am Rad anstatt auf dem Rücken befestigen könnte?! Bei der Umsetzung dieses Gedanken unterstützte mich mein Fliegerfreund Bas, der eines Tages mit einem wunderschönen Larry vs Harry Bullit Lastenrad ganz entspannt auf unserem Vereinsgelände vorfuhr, vorne auf der Ladefläche seine gesamte Fliegerausrüstung verzurrt.
Kennst du das? Dass so plötzlich ein Gedanke da ist und du weißt: genau das ist es, das willst du machen! Für mich war das der Augenblick, in dem sich in mir der Gedanke festsetzte, eine längere Radreise mit der Gleitschirmausrüstung zu machen: So ein völlig entschleunigter Urlaub, in dem man neue Regionen entdecken und interessante Menschen kennen lernen kann. Und wenn das Wetter mitspielt heb ich von Zeit zu Zeit einfach mal ab und gleit mit den Vögeln durch die Luft.
Es dauerte dann doch noch Jahre statt Monate, bis der Plan eine gewisse Ausführungsreife entwickelte, denn es gab zunächst noch ein paar Hindernisse aus dem Weg zu räumen: Ein geeignetes Fahrrad hatte ich nicht, dafür aber einen Job, der mir nicht die Zeit ließ, einfach so ‘mal ein paar Wochen eine Auszeit zu nehmen. Heute ist das genau anders herum, das geeignete Fahrrad steht in der Garage, dafür hab ich keinen Job mehr. Passt so – es kann losgehen! Nur…wohin?
Gleitschirm fliegen wurde glaub ich in den Bergen erfunden. Klar, die Alpen mit ihren vielfältigen Fluggebieten wären ein Ziel, sind aber auch ganz schön weit weg, denn ich wohne seit unserer Rückkehr aus den Niederlanden wieder in Hamburg. Was liegt näher? Dänemark – speziell Jütland – mit seiner hunderte von Kilometer langen Küste, an der es für uns Gleitschirmflieger zahlreiche legale Flugmöglichkeiten für unterschiedliche Windrichtungen gibt! So zumindest die Theorie und die Erzählung von vielen Fliegerkollegen und den lokalen Experten vor Ort. Selbst da war ich zum Fliegen noch nicht, ich kenn aber die Küste von einer ausgedehnten Radreise, während der ich mit meiner langjährigen Freundin Susi Jütland auf dem Tandem umrundete.

Die ersten Paragliding Spots im Süden Jütlands sollten von Hamburg aus in wenigen Tagen per Rad erreichbar sein. Der Reiseplan lautet also zunächst von Hamburg durch Holstein und Schleswig nach Flensburg, das sind dann knapp 200 km, und dann erst mal die Großwetterlage analysieren, denn die Fliegerei mit dem Gleitschirm an der Küste erfordert auflandigen Wind. Wird es mittelfristig eher Ostwind geben, dann radel ich von Flensburg aus weiter die Ostseeküste hoch und erkunde die dortigen Startplätze, weht es aus Westen, will ich an die Norseeküste mit ihren wunderschönen Dünen und Steilküsten weiter oben im Norden.
Wenn du bis hierhin gelesen hast weisst du nun, dass die Route für so eine Ride ‘n Fly Reise nicht vorbestimmt ist – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Mir ist auch klar, dass mein täglicher Aktionsradius auf dem Fahrrad eingeschränkt ist und ich vielleicht nicht immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein kann, um fliegerisch “das Meiste aus der Reise herauszuholen”. Die Fliegerkollegen, die mit dem Auto quer durch Jütland brausen können, um nach Möglichkeit jeden Tag an einem Ort mit guten Flugbedingungen zu sein, werden mit Sicherheit in kürzerer Zeit mehr Airtime erfliegen als ich, aber das ist ein Preis, den ich gerne bezahle für die Freiheit und das Erlebnis, mit Rad, Zelt und Gleitschirm auf Reisen zu sein.
Wenn du gelegentlich verfolgen möchtest, wie sich die ganze Sache entwickelt, bist du eingeladen, meinem Blog zu folgen!